Seit einigen Jahren wirbt ein lokaler Radiosender mit dem Slogan „Lass den Klick in Deiner Stadt“. Also im Internet einkaufen soll ich lieber bleiben lassen. Wie kauft man aber am besten in der Stadt Augsburg ein? Mit dem ÖPNV in die Stadt und zurück würde € 2,60 pro Person kosten und die Flexibilität in der City stark eingrenzen. Ein Auto ist für uns sowieso keine Option. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass immer wenn Entscheidungen fallen, die den individuellen Autoverkehr im Innenstadtbereich oder gar Parkplätze in Frage stellen, enormer Widerstand vom Einzelhandel aufkommt. Offenbar befürchten hier einige, dass dann der Kundenstrom versiegt. Dieser Angst stehen Studien, wie zum Beispiel die des österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, gegenüber.
Fahrradnutzende Personen kaufen gern dort ein, wo sie wohnen oder arbeiten. Somit belassen Sie ihre Kaufkraft in der eigenen Gemeinde. Radverkehr sichert somit die Struktur der Ortskerne und Innenstädte. Fahrradfahrende Personen besuchen den lokalen Einzelhandel häufiger als PKW-EinkäuferInnen. Durch diese in Summe längere Verweilzeit kann eine bessere Stammkundenbeziehung aufgebaut werden. Durch diese höhere Besuchshäufigkeit steigt proportional auch die Kontakthäufigkeit für Aktionen, Kampagnen und sonstige direkte Kundenansprache.
Quelle: Studie Radfahren und Einkaufen 2017
Was liegt also näher, ganz im Sinne der Studie, als fahrradnutzende Personen, unsere Einkäufe in Augsburg zu erledigen. Das das auch im Winter, mit kleinen Pannen, funktioniert, beschreibt dieser Blogbeitrag.
Ein freier Tag unter der Woche
Nachdem Carola am Wochenende Dienst und ich einen zusätzlichen freien Tag am Montag hatte, war es für mich klar, dass ich mich an diesem Morgen nach den Ferien um das Frühstück für die Kinder kümmere. Doch zunächst einen schönen Kaffee in Ruhe.
Ein Blick auf die Wettervorhersage zeigt, dass es ein perfekter Wintertag wird um einige Besorgungen in der Innenstadt zu machen. Ich denke schon, dass man sich als Alltagsradler mehr mit dem Wetter beschäftigt als Autofahrer. Allein die Tatsache, dass in Medien oft von Verkehrschaos bei plötzlich einsetzendem, geringem Schneefall oder Verkehrskollaps bei überraschendem Regen berichtet wird, bestätigt meine Vermutung hinsichtlich des Wetters. Doch wie gesagt, beste Aussichten für heute.
Die Kinder sind geweckt, mit Frühstück und Brotzeit versorgt und mit dem Bus auf dem Weg zur Schule. Zeit für die Erwachsenen der Familie die erste Mahlzeit des Tages gemeinsam zu genießen.
Los geht´s
Carola hatte einen Termin um 09:20 Uhr und war schon unterwegs, so dass ich mich um kurz nach neun auf den Weg machte um mich mit ihr für die gemeinsamen Besorgungen zu treffen. Da ihre Verabredung länger dauerte als geplant musste ich etwa eine halbe Stunde warten. Während der Wartezeit, die ich im Warmen verbringen konnte, zeigte sich schon der erste Vorteil des Radfahrens. Vor dem Gebäude gab es nur einen überfüllten Kurzzeitparkplatz für 30 Minuten. Hätte ich diesen nutzen müssen, wäre mir wohl nichts anderes übriggeblieben als im Auto zu warten. So war das Ganze völlig stressfrei.
Unser erstes Ziel war der Bio-Supermarkt im Zentrum von Augsburg. Hier werden auch Plätze im eigen Parkhaus angeboten, mit dem Rad können wir aber direkt vor dem Eingang parken. Heute sollte es nur Hefe für die hauseigene Brotbäckerei sein und so war der Einkauf in wenigen Minuten erledigt und wir waren wieder unterwegs.
Den nächsten Halt erreichten wir in ein paar Minuten. Im verpackungsfreien Bioladen in der Prinzeregentenstraße galt es Spülmittel und Klarspüler für die Maschine zu besorgen. Zum Glück hatte ich noch ein paar Dosen eingepackt, denn es gab auch frisches Sauerkraut. Das Kraut steht in den nächsten Tagen auf unserem Speiseplan. Auch hier konnten wir kostenfrei direkt vor dem Laden parken.
Wie eingangs erwähnt, gab es auf unserer Besorgungstour eine kleine Panne. Winter, Splitt und Fahrradreifen vertragen sich einfach nicht. Auf der Weiterfahrt bemerkte ich, dass mein Hinterrad langsam an Luft verlor. Pech, oder Glück im Unglück? Unser Radhändler hat seinen Laden auch in der Innenstadt. Dort angekommen konnte ich im Warmen die Panne beheben. Dabei fiel auf, dass einer der Schaltzüge schon mächtig gelitten hatte. Auch dafür ist eine professionelle Werkstadt klasse (vor allem der Vorrat an Ersatzteilen). Mit ein paar Tipps war der neue Zug rasch eingebaut und ich hatte gelernt wie man an der Nuvinci-Schaltung die Bowdenzüge wechselt. So kam ich zu einem spontanen Kurz-Praktikum in der Radstation. Danke für die Unterstützung an Herrn Müller und Jakob.
Nach dem unfreiwilligen Pit-Stopp ging es weiter durch die Stadt um Kaffeebohnen zu besorgen. Dabei konnten wir mit dem Rad problemlos vom Bahnhof über den Königsplatz zur Maximilanstraße fahren, da diese Bereiche für Radfahrer freigegeben sind.
Alles in allem kamen nur in der Innenstadt an diesem Vormittag 3,5 Kilometer zusammen. Mit dem Auto wäre das gar nicht möglich gewesen und zu Fuß hätten wir, aufgrund der Panne, genauso lange gebraucht.
Auf dem Nachhauseweg nahmen wir dann noch einige Artikel aus dem Drogeriemarkt mit. Auch im Stadtteil Lechhausen sind Parkplätze rar und so waren wir erneut mit den Rädern klar im Vorteil. Der letzte Stopp der Einkaufstour erfolgte beim Supermarkt in unserer Wohngegend und die Einkäufe wurden noch um Grundnahrungsmittel ergänzt. Trotz der 45 Minuten, die zur Reparatur meines Rades ins Land gingen, waren wir nach etwa zwei ein viertel Stunden wieder zu Hause.
Zurück zum Anfang
Fehlende Kaufkraft durch weniger Verkehr in den Innenstädten? Ich denke nicht. Gerade durch den Verzicht auf ein Auto ist es uns möglich in der Innenstadt in verschiedenen, auch kleinen, Geschäften Dinge unseres täglichen Bedarfs zu besorgen. Räder in der Stadtmitte zu parken ist einfach, so dass kaum Wege zu Fuß zurückgelegt werden müssen. Dies stellt einen erhebliche (Zeit)Vorteil dar. Radfahren im Winter ist in Augsburg mittlerweile an den meisten Stellen kein Problem mehr. Die Radwege sind geräumt. Einzig an Auffahrten und Abfahrten muss man oftmals erfinderisch werden. Auch zeigen hier höher gelegte Wege ihre Vorteile, da sie nicht, wie abmarkierte Radstreifen, mit Schnee zugeschoben werden. Selbst die Wege am Lech sind geräumt, so dass auch die Fahr in die Stadt stellenweise abseits des Verkehrs erfolgen kann.
Ich lese gerade wie wild durch den Blog und träume von teuren Lastenrädern. Klasse Seite! Praxisfrage: wie macht ihr das beim Einkaufen genau, lasst ihr den vorherigen Einkauf einfach draußen im Rad stehen? Kommt da nix weg?
Danke für Deinen Kommentar. Zu Deiner Frage, in der Regel lassen wir den Einkauf tatsächlich im Rad. Im Load ist eine Faltbox mit Reißverschluss installiert, die dann einfach zugemacht wird. Im Packster kommt die Persenning drüber und gut ist es. Weggekommen ist bisher nichts.
Schließt ihr die Räder gar nicht an beim Einkaufen oder ist das nur fürs Foto? Gerade bei solch hochpreisigen Rädern wäre ich total paranoid, wenn die nirgends festgeschlossen wären.
Ich würde mich auch keinen Moment aufs Einkaufen konzentrieren können wenn die Räder nicht wenigstens aneinander hängen würden. Das Foto ist entstanden als Carola im Laden war und ich die Räder bewacht habe.
Moin, bin gerade per Zufall auf eure Seite gestossen. Klasse Beiträge. Wir selbst sind auch eine autofreie Familie. Könnt ja mal vorbeischauen auf reens.blog.
Vorteilhaft finde ich ja noch im Winter mit dem Lastenrad dass man keine Kühltaschen mitnehmen muss.
Ich lasse meinen Einkauf schon seit gut 12 Jahren immer im Rad. Ob verdeckt oder nicht, bisher hat mir noch keiner was geklaut.
Und unser Stamm-Supermarkt hat seit eingen Jahren extra Parkplätze für Lastenräder und Gespanne. Liegt vielleicht aber auch daran dass der frühere Marktleiter Bullit-Fahrer ist 😉