Cargo-Bike-Race und wie die Leeze nach Augsburg kamen

Es war heiß und die Sonne brannte unbarmherzig vom Himmel. Früh am Samstag Morgen sammelte sich eine Gruppe mit seltsamen Gefährten vor der Sporthalle in Augsburg. Bereits am Vorabend waren diese Leute hier zu Gange und die Anwohner wunderten sich, was das für eine eigenartige Baustelle auf dem Parkplatz wird. Gitter und rot-weiße Sperrbaken formten einen seltsamen Rundkurs. Von Elefanten war die Rede und auch Fremde aus anderen Städten gesellten sich dazu. So etwas hatte es in der 2000 jährigen Geschichte der Stadt Augsburg noch nie gegeben.

Ganz Augsburg war irritiert, oder? Nein nicht ganz Augsburg, eine Gruppe von Radfahren mit größeren Gefährten war seit Wochen bestens informiert.

Denn zur Organisation des Ereignisses gehörte auch eine mächtige Marketingaktion und so fand der eine oder andere Lastenradler einen Flyer an seinem Gefährt oder entdeckte ein Plakat auf dem etwas vom FLYING ELPHANT CARGO BIKE RACE zu lesen war. Ein Lastenrad-Rennen also.

Die Disziplinen

Auf dem Flyer wurde man auch über die möglichen Wettkampf-Disziplinen aufgeklärt. Diese lauteten wie folgt:

Race

Ein Rennen, bei dem es nicht nur um die absolute Beherrschung des Transportrades geht, sondern auch um Geschwindigkeit und souveräne Be- und Entladetechnik.

Familien-Staffel

Zunächst starten hier die Mütter, laden dann die Kinder ein und übergeben das Rad an die Väter. Der Nachwuchs wird abgeliefert und dann zum Endspurt anzusetzen. Der Spaß für die ganze Familie.

Carry Shit Olympics

Mein Favorit. Ausloten der Belastbarkeit und geschicktes Stapeln sind Grundvoraussetzung in dieser Disziplin.

Hundeleben

Die Ohren im Fahrtwind lüften ist ein gemeinsames Hobby von Hunden und Elefanten. Hier geht es aber auch um das Zusammenspiel von Vierbeiner und Zweibeiner. Das Aus- und Einsteigen sollte perfekt beherrscht werden.

Ohren im Wind

Am Ort des Geschehens

Emma und ich hatte uns bereits vor einiger Zeit für die Carry-Shit-Olympics angemeldet. Darüber hinaus hatte ich Sven, dem Organisator des Spektakels, Unterstützung bei Vor- und Nachbereitung zugesagt. Also machten wir beide uns auf um gegen 09:15 Uhr vor der Sporthalle anzukommen. Im Gepäck drei Gießkannen und unsere Notfalltasche. Vor Ort war schon mächtig Betrieb. Kein Wunder, denn ab zehn Uhr war die Strecke für Testfahrten freigegeben. Wir packten also bei den letzten Vorbereitungen mit an und bemühten uns die schon seit gestern werkelnden Helfer zu entlasten.

Aufbruch zum Rennen

Lastenräder am laufenden Band

Vor Ort waren auch die beiden Fachhändler für Lastenräder in Augsburg. So standen für Interessierte und auch für solche die bereits geordert hatten, aber ungeduldig dem Liefertermin entgegensahen, eine große Palette an Rädern zur Verfügung. Vom Chike über mehrere Varianten des Douze, die am Stand des Dynamo Fahrradladens aufgebaut waren bis hin zu den Modellen von Riese & Müller, einem Tern GSD und dem Urban Arrow bei der Radstation.

Die Möglichkeit zum Testen der Räder wurde auch rege angenommen und die Cargo-Bikes drehten so manche Runde. Dabei zauberten die rollenden Raumwunder nahezu jedem ein Lächeln auf das Gesicht der sich auf den Sattel wagte.

13:00 Uhr der Rundkurs wird für die Profis geräumt

Was neben einem Lächeln und einer Menge Freude sonst noch mit den Gefährten möglich ist, konnte im Rahmen der Wettkämpfe bestaunt werden. Beim Race wurde in Pedelecs und Fahrräder ohne Unterstützung unterschieden. Am Start waren Profis, wie Simon und Jens mit ihren Radladern aus Münster, aber auch „Familienkutschen“ waren am Start. Das Wichtigste war nämlich der Spaßfaktor bei den 33 Fahrern und Fahrerinnen auf den insgesamt 45 Lastenrädern. Wobei vor allem in der Race-Disziplin auch bis zum letzten Meter gekämpft wurde. Hier gab es auch den einzigen ernsthaften Sturz, als sich vom Vorderrad eines Bullits in einer Kurve der Mantel von der Felge löste. Doch zum Glück reichte ein wenig Desinfektionsmittel und ein paar Kompressen die Schürfwunde am Bein zu versorgen. Das zeigt aber auch wie sehr die Fahrer die Räder an die Grenzen und darüber hinaus getrieben haben.

 

Was beim Race die Grenzen der Fliehkraft in den Kurven waren, das war beim Carry Shit die Stapelkunst und das Gewicht. Hier galt es die Sockel von Baustellenschildern, rohe Eier, Fahrradrahmen, Wassergallonen und Europaletten zu verstauen. Auch Kartonagen und Gießkannen mussten irgendwie aufgeladen werden. Es durfte nichts vom Rad fallen oder ein Fuß auf den Boden kommen. Beim Laden war das Absteigen natürlich erlaubt. Mit zunehmenden Gewicht wurde es immer schwieriger das Rad überhaupt noch auf den Ständer zu ziehen. Emma, als jüngste Teilnehmerin, musste ihr gesamtes Gewicht einsetzen um das Rad abzustellen. Für den Wettkampf hatte sie sich ein Packster 60 geliehen, da Jollienchen (Packster 40) einfach zu wenig Stauraum geboten hätte. Souverän drehte sie mit zunehmender Ladung Runde um Runde. Doch gegen eine professionelle Laderin, wie Carolin mit ihrem Bullit, hatte sie kein Chance. Für Carolin war weder ein Kanu noch eine Europalette zum Schluss zu viel.

 

Bei der Familienstaffel musste für ein Team ein Leihkind und eine Leihmutter herhalten, da der jüngste Teilnehmer in der Familie gerade in diesem Moment keine Lust mehr auf Radfahren hatte. Aber auch dieses Problem wurde von den Teilnehmern souverän gelöst.

 

Die Hundestaffel war mit drei Teams am Start. Faszinierend wie die Vierbeiner ihre Rolle ausfüllten und obwohl es beim Einsteigen ein wenig hakte, konnte das Zweierteam vom Dynamo das Rennen für sich entscheiden.

 
Die Ehrung der Sieger

Ich muss es einfach noch einmal loswerden. Ich bin von der Organisation begeistert. Jeder der Gewinner eines der ersten drei Plätze bekam eine selbstgemacht Medaille, die natürlich aus einem Ritzel bestand. Daneben gab es auch noch Sachpreise. Für meinen 3. Platz bei Carry Shit bekam ich neben der Bronzemedaille auch noch ein tolles ABUS-Schloss.

Das ganze war einfach ein Riesen Spaß und das zeigte sich auch beim Abbau der Rennstrecke. Durch die Unterstützung etlicher Helfer war der Parkour rasch geräumt.

Der Abend und Leeze in Augsburg

Wie schon erwähnt nahmen auch Starter aus Münster am Rennen teil. Simon und Jens waren mit dem Zug nach Augsburg gereist und hatten ihre Leezes (=Münster Ausdruck für Fahrrad) mitgebracht. Bereits im Vorfeld hatten wir den beiden eine Übernachtungsmöglichkeit angeboten. Das führte zu einem tollen Abend bei Pizza und netten Gesprächen und einer mächtigen Lastenraddichte in unserer, zum Glück autofreien, Garage. Nach einem guten Frühstück und einer kleinen Lastenrad-Sightseeing-Tour, bei der uns aufgrund der fünf Lastenräder so mancher Blick verfolgte, traten die Münsteraner am Sonntagmittag wieder den Heimweg an. Toll das ihr da ward und hoffentlich nicht das letzte mal.

 
Fazit

Wir haben total nette Leute kennen gelernt, in mächtig viele lächelnde Gesichter geblickt und hatten einen tollen, ereignisreichen Tag. Das war nur dank unserer Leidenschaft für Lastenräder möglich. Auf dem Event konnte man feststellen, was mit den Rädern alles möglich ist und tolle Räder testen. Eine super Veranstaltung, die im kommenden Jahr unbedingt einer Wiederholung bedarf. Nachdem, meines Wissens nach, in Augsburg keine Wagenrennen der Römer stattgefunden haben, ist dies nach über 2000 Jahren ein Anfang.

Und zum Schluss noch ein Link auf das Video, das die Jungs vom Team Last, Leeze & Laktat auf YouTube veröffentlicht haben:

 

4 thoughts on “Cargo-Bike-Race und wie die Leeze nach Augsburg kamen”

  1. „Hier gab es auch den einzigen ernsthaften Sturz, als sich vom Vorderrad eines Bullits in einer Kurve der Mantel von der Felge löste.“
    Weißt du eventuell, wer das war? Kann man da Kontakt aufnehmen? Das würde mich interessieren. Grüße

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