Lastenrad als Tourenrad
Mit Lastenrädern verbindet man in der Regel den Transport von Kindern, Einkäufen oder sperrigen Gütern. Aber taugen Lastenräder auch für längere Radtouren, evtl. auch auf Nebenstrecken oder unbefestigten Wegen?
Zunächst mag jeden Tourenradler das höhere Eigengewicht der Transporträder abschrecken. Load und Packter, in der Konfiguration wie wir sie fahren wiegen immerhin ca. 35 kg. Jetzt kommt aber der Elektromotor ins Spiel. Jeder der mit einem Pedelec unterwegs ist kennt die Vorteile der Tretunterstützung und somit spielt das Gewicht der Räder eigentlich keine Rolle. Gestern haben Carola und ich die Probe aufs Exempel gemacht und sind mit unseren „Lastern“ von Augsburg nach Landsberg am Lech gefahren. Am Ende sind auf dieser Strecke 100 Kilometer zusammengekommen.
Die Planung
Wir wollten ganz bewusst verkehrsarme Strecken befahren. Daher bietet es sich an, den Wegen entlang des Lechs zu folgen. Für die Tourenplanung habe ich auf Komoot zurückgegriffen. Aus den drei Routenvorschlägen habe ich die MTB-Strecke ausgewählt, immerhin ist das Load ja ein Fully :-). Durch das Einfügen einiger Wegpunkte wurde die Strecke noch individualisiert, so dass am Ende für die knapp 50 km keine einzige Ampel oder größere Straße auf unserem Weg lag. Nach der Planung einer Hin- und Rückweg-Route waren noch zwei Schritte zu tun. Einmal der Export aus der Planungssoftware und der Import auf das Nyon-Portal, was aber problemlos möglich ist. Warum ich nicht direkt auf dem eBike-Portal von Bosch plane liegt daran, dass aus meiner Sicht die Streckenvorschläge auf Komoot besser zu meinen Wünschen passen und die individuelle Anpassung einfacher funktioniert. Mit dem Hochladen auf die Nyons unserer Räder war die Planung abgeschlossen.
Der Hinweg
Gestern um halb neun machten wir uns auf den Weg. Der erste Vorteil der großen Fahrräder zeigte sich schon darin, dass keine Satteltaschen oder Rucksäcke notwendig waren und trotzdem der Reiseproviant (in einer Kühltasche), die Fotoausrüstung, Badesachen und leichtere Kleidungsstücke für später problemlos in den Rädern untergebracht werden konnten. Es wäre locker noch Platz für mehr gewesen. Nach drei Kilometern auf kleinen Nebenstraßen erreichten wir in der Firnhaberau den Lech, der uns nun bis Landsberg begleiten sollte. Am Lech entlang führen gut befestigte Kieswege, die durch den Stadtwald von Augsburg teilweise auch geteert sind. So ging es mal westlich und mal östlich des Lechs ampelfrei durch Augsburg. Nutzt man das Lastenrad als Tourenrad ist das mit der Akku-Reichweite so eine Sache. Aufgrund des höheren Eigengewichts ist der Verbrauch etwas höher als bei Rändern anderen Typs. Da nicht klar war ob wir in Landsberg Zwischenladen können, haben wir die Fahrt mit der niedrigsten Unterstützungsstufe angetreten. Dadurch ergaben sich Reichweitenberechnungen um die 100 bis 110 Kilometer. Theoretisch genügend Reichweite für Hin- und Rückweg. Vor einiger Zeit habe ich mir für solche Ausflüge eine individuelles Profil für mein Load angelegt wodurch sich die Reichweite erheblich vergrößert.
Nach 20 Kilometern und einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir die Lechstaustufe 23 (Mandichosee), die erste von einer Reihe von Staustufen die wir an diesem Tag noch sehen sollten. Weiter führte uns der Weg entlang des Lochbachs am westlichen Lechufer bis zur Staustufe 22. Dort wechselten wir wieder die Flussseite und legten eine kurze Pause ein. Aufgrund des Eingreifens in die Planung schickte uns die Navigation über eine Treppe vom Damm der Staustufe nach unten, was sogar zu einer kurzen Downhillstrecke mit erheblichem Gefälle führte. Hat auch mit dem Lastenrad geklappt -:). Die nächsten fünf Kilometer von Unterbergen nach Prittriching war der Weg asphaltiert.
Zurück am Uferweg des Lechs, zwischen den Staustufen 21 und 20 wieder auf der Westseite, zeigte sich rasch, dass der östlich gelegene Weg besser instand gehalten wird. Dennoch ging die Fahrt zügig voran und wir wechselten an der nächsten Querungsmöglichkeit wieder die Seiten. Nach 36 Kilometern, auf der Höhe von Schwabstadl, hatten wir das erste mal wider Kontakt mit Kraftfahrzeugen. Die Route führte hier für wenige Meter über die Ortsverbindung von Klosterlechfeld nach Beuerbach. Weiter ging es entlang des Lechs, vorbei an den letzten zwei Staustufen und so erreichten wir nach zweieinhalb Stunden und 49 Kilometern unser Ziel. Die Akkus hatten noch ca. 50% ihrer Kapazität. Nun stellte sich die Frage nach einer Ladestation. Das Nyon empfahl hier eine Ladestation bei den Elektrizitätswerken Landsberg, die aber nur für Autos verfügbar war. Das wäre doch mal ein Verbesserungsvorschlag für das Radnavi, Ladestationen für eBikes anzuzeigen. Bei unserem Eintreffen war aber die Info der Elektrizitätswerke noch für knapp eineinhalb Stunden geöffnet, so dass ich beschloss mein Glück dort zu versuchen. Und siehe da, die freundlichen Damen der EWL stellten uns ohne Probleme Ladestrom zur Verfügung. Vielen Dank an dieser Stelle dafür. Die Ladegeräte sind auf einem Lastenrad übrigens auch problemlos mitzuführen. Details zur gefahren Strecke gibt es hier: Hinweg
In Landsberg
Fast 1200 kcal verradelt, mir ist klar, dass das nicht zu 100% korrekt ist, dennoch schreit das förmlich nach kulinarischen Genüssen. Im Rahmen der ersten Erkundung während der Akkuladung entdeckten wir die Gourmet Rösterei Henning Böhm. Hier gab es erstmal einen Latte und einen Cappuccino für die fleißigen Radler und noch eine Tüte Kaffeebohnen für zu Hause. Auch hier trafen wir auf super freundliche Menschen und genossen den sehr leckeren Kaffee. Wer in Landsberg am Lech Spezialitäten aus Bohnen trinken möchte, der sollte es hier tun.
Im Anschluss genossen wir im Schatten der Mariä Himmelfahrtkirche unser Mittagessen. Auf dem Platz befindet sich auch ein Hahn mit Trinkwasser, an dem wir unsere Wasservorräte auffüllen konnten.
Dann ging es zurück zu den Elektrizitätswerken um dort unsere Batterien wieder abzuholen, bevor das Büro zur Mittagspause geschlossen wird. Mit der Mitarbeiterin an der Info führten wir noch ein nettes Gespräch zum Thema Fahrräder und Lastenräder bevor wir unsere nahezu vollen Akkus wieder in die Räder einsetzten.
Mit ein paar Empfehlungen machten wir uns erneut auf um das Wehr zu besichtigen, Urlaubsgrüße zu versenden und eine angemessene Eisdiele zu finden. Alle Vorhaben sind bestens gelungen.
Der Heimweg
Mit nahezu vollen Batterien machen wir uns um 14:00 Uhr auf den Rückweg nach Augsburg. Lechabwärts und mit mehr Unterstützung ging es zügig an den Staustufen und den meisten anderen Radfahrern vorbei. Auch jetzt wechselten wir regelmäßig zwischen Ost- und Westseite und genossen, ohne große Anstrengung, die Landschaft. An der Staustufe 22 trafen wir noch zwei Radreisende und zwei Lastenradinteressierte und im Rahmen einer kleinen Pause ergaben sich nette Gespräche sowie Empfehlungen unsererseits für die Weiterfahrt der Radler nach Landsberg. Bereits nach zwei Stunden waren wir zurück in Augsburg. Interessant, was ein leichtes Gefälle und mehr Unterstützung am Rad bewirken. Auf dem Rückweg habe ich nur 440 kcal verbraucht. Zumindest laut Nyon :-). Die ein klein wenig andere Route des Rückwegs gibt es hier: Rückweg
Mein Fazit
Um die Eingangs gestellte Frage noch einmal aufzugreifen, ob sich Lastenräder als Tourenräder eignen, aus meiner Sicht auf jeden Fall. Das gilt zumindest für unsere eBikes. Einhundert Kilometer in viereinhalb Stunden Fahrzeit auf unbefestigten Wegen sprechen für sich. Natürlich sieht das je nach Tour eventuell ein wenig anders aus, aber das kann bei der Routenwahl (MTB-Strecke :-)) ja berücksichtigt werden. Positiv ist auch zu erwähnen, dass evtl. gefundene Souvenirs problemlos mit nach Hause genommen werden können. Somit ist ein Lastenrad nicht nur ein tolles Gefährt im Alltag sondern dient auch im Urlaub als Tourenrad.
Oha. Das ist ordentlich. Tolle Sache.
Danke, mal sehen ob noch mehr geht 😄.
Kann deinen Bericht so unterschreiben. Bin ein bis zweimal im Monat mit Packster auf Tour. Zwei Kinder (7 und 5), Proviant und Pack Taschen. Meistens in den Schwarzwald mit ordentlich HM. Komme hin und zurück mit einer Ladung.
Da ich kein Auto fahre geht es eh nicht anders, aber zudem macht es richtig Lust. Meine Familie fährt seit dem Laster nichts anderes mehr. Selbst bei Regen sitzen alle lieber in der Kiste als im Auto 🙂
Das mit den Kindern wird noch eine Weile so weitergehen. Unsere 12 jährige nutzt die Transportmöglichkeiten regelmäßig und auch mit 15 kann man sich bei Bedarf noch falten. Danke für den Kommentar.