Der Anteil der Radfahrer im Verkehr

Zunächst die gute Nachricht, ja auch in Augsburg nimmt der Radverkehrsanteil ständig zu. War das Fahrrad bis vor wenigen Jahren für die meisten Menschen in unserem Kulturkreis ein reines Freizeitgefährt, entdecken immer mehr den Drahtesel als praktischen und effizienten Transporter zum Arbeitsplatz. Dennoch hat das Fahrrad leider noch nicht alle Bereiche des Alltags als Transportmittel erreicht.

Ein Konzertbesuch am Abend

Vergangenen Donnerstag waren Schmidbauer, Polina und Kälberer mit ihrem Programm Süden II in der Kongresshalle in Augsburg. Wie ca. 1300 andere Besucher hatten wir auch Karten für das ausverkaufte Konzert.

Eine Menge Besucher...
Eine Menge Besucher…

Das Konzert war klasse, aber das ist ja nicht das Thema des Beitrags. Radverkehrsanteil, um den soll es heute gehen. Hätte dieser am Konzertabend bei 20% gelegen, dann wären die Radständer wohl kaum ausreichend gewesen.

....aber nur wenige Räder.
….aber nur wenige Räder.

Das Bild zeigt aber eine andere Situation. Es gibt zwar noch Radständer auf der anderen Seite der Halle, aber dort sah es genauso aus. Der radelnde Anteil der Besucher lag wohl eher bei zwei Prozent. Warum eigentlich? Das Abstellen eines Autos beim Kongress am Park ist problematisch und man muss ein gutes Stück zu Fuß gehen. Radfahren lässt es sich auch in ordentlicher Kleidung und man kann bei Bedarf eine Regenhose darüber ziehen. Für nicht war es bisher nie Problem sich vor Ort umzuziehen und ein Jackett findet leicht im Rad Platz. Na ja, ein Teil der Besucher hatte sicher eine weitere Anfahrt und vermutlich haben auch etliche die sehr gute Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln genutzt.

Beim Bäcker am Morgen

Die Bäckerei in unserm Stadtteil wird am Wochenende gegen neun Uhr von hungrigen Mitmenschen nahezu gestürmt. Für die meisten Kunden ist der Laden maximal zwei Kilometer vom Frühstückstisch entfernt. Dennoch erreichen die meisten diesen nur mit dem eigenen PKW, was regelhaft zu chaotischen Situationen auf der Straße führt. Das Chaos ist das eine, aber man trifft auch auf wunderliche Zeitgenossen. An diesem Morgen war vor mir ein Vater mit seinem etwa achtjährigen Sohn vor mir an der Reihe. Die Beiden hatten eine Stofftasche für die Backwaren mitgebracht. Als der Vater bemerkte, dass auch ich mein Gebäck direkt in einer mitgebrachten Tasche verstaute, sprach er mich darauf an. Er meinte, dass es sehr gut sei dadurch einen wertvollen Beitrag zur Müllvermeidungen und zum Umweltschutz zu leisten. Ich stimmte ihm zu. Vater und Sohn verließen vor mir den Laden und steuerten Schnur stracks auf einen PKW zu mit dem sie den Heimweg zurücklegten. Also das mit der Müllvermeidung klappt ja schon ein bisschen, aber ich denke hinsichtlich des Umweltschutzes ist die Bäckertüte wesentlich unproblematischer als die Anfahrt mit dem Auto. Immerhin war es ein Kleinwagen. Manchmal kann ich mich nur wundern.

Und dann war da noch der Transport von 600 Stühlen

Ja, schon richtig gelesen es ging um denTransport von 600 Stühlen. Doch von vorne. Am Freitag war in der Augsburger Lastenradler Gruppe auf Facebook eine Anfrage wer am Samstag Zeit hätte Stühle aus Pappe in der Innenstadt zu transportieren. Da ich Zeit hatte, sagte ich zu. Nachdem wir uns mit sechs Lastenräder im Annahof getroffen hatten ging es gemeinsam zum Abholort bei St. Ulrich.

Treffen der Transporteure
Treffen der Transporteure

In einer Garage lagerten die 600 Stühle, die in zusammengelegter Form etwa die Größe eines Umzugskartons hatten. Die Pakete wurden auf die Räder verladen. Hier war unser Jolly (Packster 80) in seinem Element. In der Garage lag einen Europalette und nachdem das CargoBike vom Hersteller mit der Aussage beworben wurde eine Palette dieser Größe laden zu können, war das die Gelegenheit dieses Werbeversprechen zu testen. Dank des Spanngurtsystems waren die Seitenteile rasch abgenommen und die Normpalette fixiert. Das Laden konnte beginnen. Am Ende waren ca. 130 Stühle auf der Ladefläche verstaut.

Eine Menge zu laden
Eine Menge zu laden

Aber auch die anderen Räder und deren Fahrer konnten ordentlich was wegschaffen.

Die Stühle am Ziel
Die Stühle am Ziel

Nach zwei Fuhren und ca. einer Stunde und 15 Minuten waren alle Stühle am Ziel (ca. 800 Meter weiter) angekommen und im Keller der Moritz-Kirche verstaut. Mit den Rädern konnte man problemlos bis in den kleinen Innenhof am Endpunkt einfahren, mit einem Auto wäre es nötig gewesen die Stühle deutlich weiter zu tragen.

Fazit

Natürlich ist es gut, dass Fahrräder im Straßenverkehr zunehmen. Doch leider ist das Zweirad noch nicht als Standardverkehrsmittel in den Köpfen der Menschen angekommen. Oftmals wird hier das Argument der fehlenden Rad-Infrastruktur angeführt. Aber wie müsste so eine Struktur in einem Wohngebiet wohl aussehen um die Bewohner dazu zu bringen mit dem Rad zum Gebäckholen zu fahren? Ich denke tatsächlich, dass wenn ein Auto direkt vor der Haustür steht, dieses gedankenlos zum Einsatz kommt und das Ergebnis kann man dann vor den Bäckereien erleben.

Fehlende Infrastruktur könnte aber auch ein Argument für das Fahrrad sein. Denn aus Sicht der Autofahrer fehlen im Bereich der Kongresshalle seit Jahren ausreichend Parkplätze. Man denkt hier über den Bau einer Tiefgarage nach. Mit den Rädern lässt es sich problemlos bis zur Tür zu fahren und diese können dort abgestellt werden. Wieviele Fahrradbügel man für das Geld einer Tiefgarage bekommt ist mir nicht bekannt, aber mehr Radabstellplätze sind deutlich günstiger als eine Tiefgarage.

Umso mehr hat es mich gefreut, dass im Falle des Stuhltransport der Verantwortliche Fantasie bewiesen hat und nicht einfach zum Transporter gegriffen hat. Und mal ehrlich sechs bepackte Lastenräder machen auf Augsburgs Prunkmeile deutlich mehr her als ein Kastenwagen.

Lastenräder in ökumenischer Mission (Bild: Lothar Roser)
Lastenräder in ökumenischer Mission (Bild: Lothar Roser)

Zumindest die Reaktionen der Fußgänger und der Besucher der Außengastronomie lassen darauf schließen. Die Aktion hatte einen weiteren Vorteil. Sechs Räder bedeuten sechs Fahrer und zu sechst lässt sich auch eine große Menge Stühle Ruck zuck in den Keller am Ziel tragen.

6 thoughts on “Der Anteil der Radfahrer im Verkehr”

    1. War ja kein Bullit, sondern ein Packster. Das zulässige Gesamtgewicht liegt bei 200kg und die Ladefläche darf mit 100kg bestückt werden. Ich habe an dem Tag auf mein Mittagessen verzichtet 😊.

      1. Oh, das habe ich nicht gewusst – ein eingespartes Mittagessen ist die Erweiterung vom Gesamtgewicht beim Rad. Und beide Bikes schauen von vorne sehr ähnlich aus.

  1. Das war schon immer so – je leichter der Fahrer desto höher die Zuladung beim Cargo Radl… Vielleicht auch ein Grund für leichte aber sehr stabile Stahlrahmen zu bauen.

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